Die befristete Teilzeit

 

Die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsleben ist eine der großen Herausforderungen für Familien heute. Bereits seit 2001 gibt es mit dem Anspruch auf Teilzeitarbeit ein geeignetes Instrument, Arbeitsstunden zu reduzieren, um somit mehr Zeit für Kinder oder für die Betreuung von Angehörigen zur Verfügung zu haben. Mittlerweile arbeiten 45% der Frauen in Teilzeit, aber nur 10% der Männer, obwohl Frauen oft gerne mehr Stunden arbeiten wollen und Männer grundsätzlich mehr am Familienleben teilhaben möchten. Die Scheu vor der Stundenreduktion liegt oftmals darin begründet, dass es keinen sicheren Rückkehranspruch bis zum ursprünglichen Stellenumfang gibt. Zudem ist Teilzeitarbeit mit negativen Auswirkungen auf die berufliche Karriere verknüpft und führt zu finanziellen Einbußen.

Der Familienbund der Katholiken setzt sich daher - nach einem Beschluss des Hauptausschusses vom 20. September 2013 - für die Schaffung eines Rückkehrrechts bis hin zur ursprünglichen Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer/innen ein. Außerdem wollen wir die Durchsetzbarkeit des Teilzeitanspruchs verbessern, indem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer/innen, die aus „familienbedingten Gründen“ die Arbeitszeitreduzierung wünschen, dem Begehren nur dringende betriebliche Gründe entgegen halten kann, anstatt wie bisher lediglich betriebliche Gründe.  Unter „familienbedingte Gründe“ fallen nach unserem Verständnis vorrangig die Betreuung von unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern sowie die Pflege von Angehörigen.

Und mit diesem Anliegen sind wir nicht allein: alle Parteien haben sich in ihren Programmen zur Bundestagswahl 2013 für den besseren Wechsel zwischen Teil- und Vollzeitarbeit ausgesprochen und alle kürzlich in den Bundestag gewählten Parteien befürworten die Schaffung eines Rückkehrrechts[1]. Eine gesetzliche Regelung sollte daher in der jetzigen Legislaturperiode mit einer Anpassung des Arbeitsrechts realisiert werden.

 

II. Einführung

Familie und Beruf zu vereinbaren, stellt viele Familien vor eine große Herausforderung. Nicht nur die Sorge für Kinder - gerade in den ersten Lebensjahren - führt zu dem Wunsch bzw. der Notwendigkeit, den Arbeitszeitumfang zu reduzieren, sondern auch die Pflege von Angehörigen führt oft zu einer solchen Entscheidung. Neben der Notwendigkeit von qualitativ guten und quantitativ ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder spielt für die Work-Life-Balance auch das Arbeitsrecht eine zentrale Rolle. Zwar gibt es seit 2001 mit dem Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) bei Vorliegen der Voraussetzungen einen weitgehenden Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung,  dieser hat jedoch nicht nur positive Seiten. Denn Eltern können damit zwar wegen der Kinderbetreuung ihre Arbeitszeit reduzieren, ohne ihren Beruf  ganz aufzugeben. Jedoch führt der einmal gewählte Weg in die Teilzeitbeschäftigung  nur selten ohne Probleme wieder zurück in die Vollbeschäftigung bzw. zurück zu einem höheren Stellenumfang, da es kein gesichertes Rückkehrrecht gibt. Eine solche Möglichkeit sieht bislang nur § 15 Abs. 5 S. 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) vor. Außerdem sehen der TVöD und der TV-L einen Teilzeitanspruch bei familienbedingten Gründen vor, der durch die Möglichkeit der Befristung einen Rückkehranspruch zur ursprünglichen Arbeitszeit gewährt[2]. Eltern - und hier vor allem die Väter -  scheuen daher aus Angst vor negativen Auswirkungen auf die berufliche Karriere, Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber und den mit einem fehlenden Rückkehrrecht verbundenen finanziellen Einbußen oft bereits den Weg in die Teilzeitbeschäftigung.

 

Sowohl seitens der Politiker als auch der Arbeitgeber ist erkannt worden, dass die Wünsche der Eltern als Arbeitnehmer/innen stärker berücksichtigt werden müssen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in ihrer Rede beim Zweiten Demografiegipfel für einen Rückkehranspruch auf Vollzeitbeschäftigung ausgesprochen[3]. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 20. März diesen Jahres bereits mit eignen Vorstellungen die Vorlage eines Gesetzesentwurfs beantragt[4], die Fraktion der SPD am 16. April 2013[5].  In ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2013 haben sich alle Parteien für einen besseren Wechsel zwischen Teil- und Vollzeitarbeit stark gemacht, so dass davon auszugehen ist, dass in der jetzigen Legislaturperiode eine Anpassung des Arbeitsrechts erfolgen wird.

 

Diese Fachinformation soll nicht nur die aktuelle Gesetzeslage darlegen, sondern beinhaltet zudem einen Vorschlag des Familienbundes der Katholiken, wie ein solcher Rückkehr- bzw. Aufstockungsanspruch ausgestaltet werden könnte. Hinzuweisen ist darauf, dass sich diese Ausarbeitung auf den Bereich Teil- und Vollzeitarbeit beschränkt. Nicht näher eingegangen wird auf die weiteren Gestaltungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf[6].

 

III. Statistiken/Studien

Der Anteil der aktiv erwerbstätigen Mütter mit minderjährigen Kindern liegt bei 60%, der Anteil der Väter bei 84%[7]. Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und stellt mittlerweile in Deutschland die häufigste Form atypischer Beschäftigung dar[8]. Auffallend ist die geschlechtsspezifische Verteilung: Von allen erwerbstätigen Frauen arbeiten 45% in Teilzeit[9], wobei 61% davon angeben, aus familiären Gründen einer Teilzeittätigkeit nachzugehen[10]. Von allen erwerbstätigen Männern arbeitet hingegen nur jeder Zehnte teilzeit[11]. Bei Familien mit Kindern waren nach Angaben der Sachverständigenkommission zum Achten Familienbericht 95% der Männer und 33% der Frauen vollzeitbeschäftigt, so dass die Kommission zum Schluss kommt: „(...)kaum ein Mann wechselt wegen familiärer Verpflichtungen in die Teilzeit. Dagegen reduzieren viele Frauen ihre Erwerbstätigkeit auf Teilzeittätigkeiten, sobald Verantwortung für ein Kind übernommen werden muss“[12]. Zwar sind viele Frauen mit dem Umfang ihrer Teilzeittätigkeit zufrieden, jedoch wurde im Achten Familienbericht festgestellt, dass 25% der Frauen mit Kindern gerne mehr Stunden arbeiten wollen, wobei ein Fünftel der Frauen mit Kindern die sogenannte vollzeitnahe Teilzeit wünscht (etwas mehr als 30 Stunden in der Woche)[13]. Männer hingegen wünschen sich oft eine Reduzierung der Arbeitszeit, um mehr am Familienleben teilhaben zu können. Der Bericht stellt auch klar, dass es häufig gerade die Arbeitnehmer/innen sind, die zunächst ihre Arbeitszeit nach § 8 TzBfG wegen der Kinderbetreuung reduzieren, die dann später, wenn die Kinder älter sind, eine Verlängerung der Arbeitszeit wünschen[14].

Hinzu kommt ein Sinneswechsel in der Gesellschaft: laut einer Studie des Zukunftsforschers Professor Horst Opaschowski in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Sozialforschungsinstitut Ipsos von Februar 2013 finden es mittlerweile 67% der Bevölkerung geradezu „ideal“, wenn in einer Familie „beide Partner berufstätig“ sind[15], wobei die Zahl vor fünf Jahren noch bei 56% lag. Und auch die tatsächlichen Zahlen belegen dies. So stellte der Familienreport 2012 fest, dass im Jahr 2010 bei Paaren mit minderjährigen Kindern bereits der Anteil an Paaren mit aktiver Erwerbsbeteiligung beider Elternteile bei  54,1% lag und die Zahl der Paare, die ein Alleinverdienermodell leben, zusehends kleiner wird[16].

 

IV. Aktuelle Gesetzeslage

Bislang gibt es folgende Gesetze, die Teilzeitarbeit regeln:

 

1. Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Das 2001 in Kraft getretene TzBfG setzt zwei EG-Richtlinien in deutsches Recht um und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Teilzeitbeschäftigung in den Jahren zuvor immer mehr zugenommen hatte. Zielsetzung ist nach § 1 TzBfG daher die Förderung der Teilzeitarbeit, die Festlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen sowie die Verhinderung der Diskriminierung teilzeit und befristet beschäftigter Arbeitnehmer/innen.

 

a) Verringerung der Arbeitszeit

§ 8 TzBfG enthält einen Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen:

 

das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate (Abs. 1)

der Arbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Personen, wobei Personen in Berufsausbildung nicht mitgezählt werden (Abs.7)

der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin macht die gewünschte Verringerung dem Arbeitgeber gegenüber spätestens drei Monate vor deren gewünschtem Beginn geltend (Abs. 2 S. 1) und soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben (Abs.2 S. 2)

der Arbeitgeber muss zustimmen, soweit betriebliche Gründe  nicht entgegenstehen (Abs. 4). Exemplarisch werden genannt: wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit oder unverhältnismäßige Kosten, wobei der Arbeitgeber hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt; tarifvertragliche Regelung von Ablehnungsgründen ist zulässig

 

Abs. 3 sieht als Grundsatz eine einvernehmliche Regelung vor: der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin die Verringerung zu erörtern und ein Einvernehmen zu erzielen. Reagiert der Arbeitgeber nicht bis zu einem Monat vor dem gewünschten Beginn der Reduzierung der Arbeitszeit auf das Begehren des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin mit einer schriftlichen Ablehnung, tritt nach § 8 Abs. 5 TzBfG die Fiktionswirkung ein: die gewünschte Reduzierung tritt in Kraft. Bei der Verteilung der Arbeitszeit, die dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt, steht dem Arbeitgeber allerdings nach § 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG das Recht zu, die festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder zu ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.  

 

b) Verlängerung der Arbeitszeit

§ 9 TzBfG regelt dann den Fall, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen ihre Arbeitszeit wieder verlängern wollen und dies dem Arbeitgeber angezeigt haben. Der Arbeitgeber muss dann – sofern dringende betriebliche Gründe oder Wünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer/innen nicht entgegen stehen – den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin bei Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigen. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trifft den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin.

 

c) Kritik

Es gibt keinen isolierten Anspruch auf Mitsprache bei der Verteilung der Arbeitszeit, da dieser in § 8 Abs. 2 TzBfG lediglich an die Reduzierung der Stundenanzahl gekoppelt ist. Viele Arbeitnehmer/innen nutzen den Anspruch aus § 8 TzBfG jedoch gerade nur deshalb, um sich ein Mitspracherecht bei der Lage der Arbeitszeit einzuräumen[17].

 

Größter Kritikpunkt ist hingegen die Tatsache, dass die Arbeitgeber bislang nach dem TzBfG keine Pflicht trifft, den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin, der/die für einige Zeit die Arbeitszeit reduziert hat, wieder bis zum ursprünglichen Stellenumfang zu beschäftigen, was die Rückkehr der Arbeitnehmer/innen deutlich erschwert. Es ist nicht nachvollziehbar, warum nach der aktuellen Gesetzeslage der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin, der/die zuvor einige Zeit Stunden reduziert hat, nach § 9 TzBfG die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass er für einen freien Arbeitsplatz mit höherem Stellenumfang geeignet ist. Dies führt dazu, dass die Anforderungen an eine Aufstockung der Arbeitszeit viel höher sind, als an deren Reduzierung.

 

2.Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)

a) Anspruch auf Teilzeitarbeit

Grundsätzlich sieht § 15 Abs. 5 BEEG vor, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in Elternzeit eine Verringerung seiner/ihrer Arbeitszeit verlangen kann. Abs. 5 S. 2 regelt,  dass sich  Arbeitgeber und  Arbeitnehmer/innen innerhalb von vier Wochen über den Antrag des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin einigen sollen. Wenn eine Einigung nicht möglich ist, besteht nach § 15 Abs. 7 BEEG ein besonderer Anspruch auf Teilzeitarbeit: bei Vorliegen der Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner/ihrer Arbeitszeit beanspruchen (Abs. 6).

Die einzelnen Voraussetzungen sind:

 

Der Arbeitgeber beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer/innen , wobei Personen in Berufsausbildung nicht mitgezählt werden (Abs. 7 S.1 Nr.1)

das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen besteht ohne   Unterbrechung länger als sechs Monate (Abs. 7 S. 1 Nr. 2)

die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert werden (Abs. 7 S. 1 Nr. 3)

dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen(Abs. 7 S. 1 Nr.4)  und

der Anspruch wurde dem Arbeitgeber sieben Wochen vor Beginn der Tätigkeit schriftlich mitgeteilt (Abs. 7 S.1 Nr. 5)

 

Weiter ist festgelegt, dass der Antrag  den Beginn und den Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten muss und die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Antrag angegeben werden soll (Abs. 7 S. 2 und 3). Falls der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen will, muss er dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun (Abs. 7 S. 4). Soweit der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit nicht oder nicht rechtzeitig zustimmt, kann der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen erheben (Abs. 7 S. 5).

 

Nach § 15 Abs. 5 S. 4 BEEG bleibt zudem das Recht unberührt, sowohl die vor der Elternzeit bestehende Teilzeitarbeit unverändert während der Elternzeit fortzusetzen, soweit Absatz 4 beachtet ist  (Verbot der Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Stunden während der Elternzeit), als auch nach der Elternzeit zu der Arbeitszeit zurückzukehren, die vor Beginn der Elternzeit vereinbart war. Es gibt damit, anders als in § 9 TzBfG, einen gesicherten Rückkehranspruch.

 

b) Kritik

Bereits im Achten Familienbericht wurde von der Sachverständigenkommission kritisiert, dass die Ansprüche auf Arbeitszeitverkürzung in BEEG und TzBfG trotz gleicher Zielsetzung in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen uneinheitlich ausgestaltet sind[18]. In § 15 BEEG gibt es keine mit § 8 Abs.5 TzBfG vergleichbare Fiktionswirkung für den Fall, dass keine einvernehmliche Einigung über das Arbeitnehmerverlangen herbeigeführt wird, so dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin im Zweifel auf den Klageweg angewiesen ist[19].

 

V. Gestaltungsmöglichkeiten

1. Lage der Arbeitszeit

Der Familienbund begrüßt den Vorschlag der Sachverständigenkommission im Achten Familienbericht, den Anwendungsbereich des § 8 TzBfG auf die Lage der Arbeitszeit auszuweiten und einen isolierten Mitwirkungsanspruch des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin hierauf zu begründen[20]. Damit kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass viele Arbeitnehmer/innen die Teilzeitarbeit gerade deswegen nutzen, um ein Mitwirkungsrecht bei der Lage der Arbeitszeit zu erwirken[21]. Ihnen wäre geholfen, wenn sie nicht zwingend auf die Teilzeitbeschäftigung reduzieren müssten, nur um mit ihrem Arbeitgeber eine Regelung hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit erwirken zu können. 

 

2. Gesichertes Rückkehrrecht bis hin zur ursprünglichen Arbeitszeit

Um die für viele Arbeitnehmer/innen wichtige Rückkehroption bis hin zu der vor der Stundenreduzierung inne gehabten Arbeitszeit zu erleichtern, sieht der Familienbund vor allem Handlungsbedarf bei der Regelung des Rückkehrrechts. Es muss einen verlässlichen Anspruch auf Rückkehr zum vorhergehenden Arbeitszeitumfang bzw. ein Recht auf Stundenaufstockung bis zum früheren Arbeitszeitumfang geben.

Der Familienbund setzt sich daher dafür ein, dass Arbeitnehmer/innen, die ein Teilzeitbegehren nach § 8 TzBfG geltend gemacht haben, im Anschluss einen verlässlichen Rückkehranspruch bis hin zur ursprünglichen, d.h. vor der Stundenreduzierung inne gehabten Stundenzahl, bekommen. Dies könnte so ausgestaltet werden, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin die gewünschte Aufstockung spätestens drei Monate (angelehnt an die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG) vor dem gewünschten Beginn beim Arbeitgeber anzeigen muss. Ab diesem Zeitpunkt muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin dann in dem gewünschten höheren Umfang, bis hin zur ursprünglichen Stundenanzahl, beschäftigen. Von dieser Regelung werden dann nicht nur Arbeitnehmer/innen erfasst, die wieder auf die ehemalige Vollzeitstelle zurück wollen, sondern auch solche, die lediglich den Arbeitsumfang um ein paar Stunden erhöhen wollen, ohne wieder ganz im ursprünglichen Umfang tätig zu sein. Durch die Option, nicht direkt wieder ganz auf den früheren Stellenumfang zurückkehren zu „müssen“, besteht für die Arbeitnehmer/innen bestmögliche individuelle Anpassung der Arbeitszeit an ihre persönliche Situation. Gerade der Wiedereinstieg nach der Geburt eines Kindes kann dazu führen, die Arbeitszeit zunächst nicht wieder ganz im ursprünglichen Umfang aufzunehmen, sondern schrittweise, orientiert am Sorgeaufwand und Betreuungsangebot, aufzustocken. Die Angst, den vor Stundenreduzierung inne gehabten Stellenumfang beim Arbeitgeber nicht wieder durchsetzen zu können, fällt damit weg. Dies führt gerade auch zu einer besseren finanziellen Planbarkeit für die Arbeitnehmer/innen, die insbesondere auch für Familien von großer Bedeutung ist.

Der Familienbund setzt sich dafür ein, dass von dieser Neuregelung alle Arbeitnehmer/innen erfasst werden sollen,  unabhängig davon, aus welchen Gründen ehemals Stunden reduziert wurden. Somit haben nicht nur Personen, die wegen der Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen Stunden reduzieren, eine bessere Möglichkeit zur Rückkehr zu einer höheren Stundenzahl bzw. zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit, sondern auch zum Beispiel Arbeitnehmer/innen, die sich weiterbilden oder ehrenamtlich engagieren möchten. Gleichwohl wird es vermutlich hauptsächlich den Familien zugute kommen und könnte gerade Männern die Scheu vor der Teilzeitarbeit nehmen und dem Problem der viel propagierten „Teilzeitfalle“ entgegen wirken.

 

Um all die Arbeitnehmer/innen nicht aus dem Blick zu verlieren, die von Beginn eines Arbeitsverhältnisses an nur teilzeit beschäftigt sind und gerne auf eine volle Stelle bzw. einen höheren Stellenumfang aufstocken wollen, sprechen wir uns für die Beibehaltung des § 9 TzBfG aus. Würde man diesen Paragraphen ersatzlos streichen, würde dies zu einer unangemessen Benachteiligung führen. Denn viele Arbeitnehmer/innen, die auf der Suche nach einer Vollzeitstelle sind, finden nur Teilzeitstellen, die dann oftmals auch nur befristet sind (z.B. Elternzeitvertretungen o.ä.). Es ist also nicht selten, dass die Teilzeitbeschäftigung nicht freiwillig erfolgt. Auch diese Arbeitnehmer/innen dürfen nicht aus dem Blick geraten und brauchen bestmögliche Sicherheit und Möglichkeiten zur Aufstockung bis auf eine volle Stelle. Denn auch bei diesen Arbeitnehmern/innen kann es sich um Eltern handeln, die z.B. wegen der familienbedingten Haushaltskosten auf eine Vollzeitstelle angewiesen sind.

 

3. Bei „familienbedingten Gründen“ entgegenstehende dringende betriebliche Gründe notwendig

Dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin muss der Arbeitgeber bislang nach § 8 Abs. 4 TzBfG zustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Um für Familien eine bessere Durchsetzbarkeit ihres Begehrens zu erreichen, sollen bei Vorbringen von „familienbedingten Gründen“ für das Teilzeitbegehren nur dringende betriebliche Gründe vom Arbeitgeber entgegen gehalten werden können, wie es auch in dem Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit nach

§ 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG bereits der Fall ist. Unter „familienbedingte Gründe“ fallen nach unserem Verständnis vorrangig die Betreuung von minderjährigen unterhaltsberechtigten Kindern sowie die Pflege von Angehörigen. Damit wird sichergestellt, dass die Hürden für die Ablehnung des Teilzeitbegehrens durch den Arbeitgeber bei Vorliegen von „familienbedingten Gründen“ besonders hoch sind, um Familien nochmal extra in den Blick zu nehmen.

 

4. Zustimmungsfiktion in § 15 BEEG aufnehmen

Der Familienbund setzt sich zudem – wie bereits von der Sachverständigenkommission im Achten Familienbericht angeregt[22] – für eine weitere Harmonisierung der Ansprüche aus §§ 8,9 TzBfG und § 15 BEEG ein[23]. Auch in der Vorschrift des BEEG sollte daher eine Fiktionswirkung bei fehlender Zustimmung des Arbeitgebers eingefügt werden, um auch für Arbeitnehmer/innen in Elternzeit mit Teilzeitwunsch eine größere Sicherheit zu erreichen und sie nicht im Zweifel auf den Klageweg zu verweisen.

 

 

Verantwortliche Referentin in

der Bundesgeschäftsstelle

 

Dorothé Meyer

Stand: 21.10.2013     

 

 

[1]  Siehe z.B. Stimme der Familie, Heft 3/2013, S. 18f.

[2]   Jeweils in § 11 von TVöD und TV-L geregelt.

[3]   http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Rede/2013/05/2013-05-14-merkel

    demografie.html;jsessionid=00EAA44F15C214441261D56F81C37447.s4t2

[4]  Bundestags-Drucksache 17/12843

[5]  Bundestags-Drucksache 17/13084

[6]    Wie z.B. Lebensarbeitszeitkonten, Familienfreundlichere Schichtarbeit, Telearbeit etc.; Näheres dazu

      siehe Initiative „Familienbewusste Arbeitszeiten“ des BMFSFJ und der Spitzenverbände der deutschen

      Wirtschaft

[7]     Familienreport 2012, S. 71

[8]     Laß in Gerlach/von Hehl, Staatsorganisatorische Herausforderungen in der Familienpolitik, Arbeitspapier Nr. 8, S. 82

[9]     DIW Wochenbericht 42/2011

[10]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 42

[11]    DIW Wochenbericht 42/2011

[12]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 40; so auch Laß in Gerlach/von Hehl, Staatsorganisatorische Herausforderungen in der Familienpolitik, Arbeitspapier Nr. 8, S. 85

[13]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 43, 44

[14]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 171

[15]    http://www.ipsos.de/publikationen-und-presse/pressemitteilungen/2013/die...–-mit-folgen

 

[16]    Familienreport 2012, S. 71

[17]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 171

[18]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 172

[19]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 172; so auch Holbeck/Schwindl, Arbeitsrecht, 11. Auflage 2012, Rn. 229

[20]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 190

[21]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 171

[22]    Achter Familienbericht, Bericht der Sachverständigenkommission, S. 172

[23]  So auch bereits Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken zum Referentenentwurf eines   

      Gesetzes zur Erweiterung der Großelternzeit und zur Modernisierung der Elternzeit, S. 9 f.