Presseschau des Tages // 6.6.2018

· Presseschau

Die Fraktionen im Bundestag haben unterschiedlich auf die angekündigte Entlastung von Familien reagiert. Die Entlastung gehe an armen Kindern und Familien "komplett vorbei", erklärten die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner, und die Sprecherin für Finanzpolitik, Lisa Paus, am Dienstag in Berlin. Dagegen lobte die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön (CDU) die Pläne.  Nach einem Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium, der am Montag in die Ressortabstimmung gegangen war, sollen die Steuerzahler nach Medienberichten im kommenden Jahr um rund 4 Milliarden Euro und um Jahr 2020 dann um 9,8 Milliarden Euro entlastet werden. Zu dem Steuerpaket gehören eine Kindergelderhöhung um 10 Euro ab Juli 2019, ein höherer Grundfreibetrag, ein höherer Kinderfreibetrag und eine Entlastung mittlerer und unterer Einkommen bei der sogenannten kalten Progression.  Dörner und Paus kritisierten es als "zentralen Fehler", dass jeder Euro mehr Kindergeld bei Familien, die Hartz IV-Leistungen beziehen, wie auch bei Alleinerziehenden, die Unterhaltsvorschuss erhalten, direkt wieder abgezogen werde. Auch der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende solle nicht angehoben werden. Kinder- und Familienarmut werde mit den Plänen nicht bekämpft.

Nach Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik hat die Gewalt gegen Kinder leicht zugenommen. So starben im vergangenen Jahr 143 Kinder an den Folgen von Gewalt, wie der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch am Dienstag in Berlin erklärte. Fast 80 Prozent von ihnen waren danach jünger als sechs Jahre. 2016 starben 133 Kinder. Besonders gestiegen seien die Fallzahlen zum Besitz und zur Verbreitung von kinderpornografischem Material.  Einen leichten Rückgang weist die Statistik im Bereich sexuelle Gewalt aus. Mit 13.539 Kindern seien es rund 3,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Zudem gab es danach 4.208 angezeigte Fälle, bei denen Kinder schwer misshandelt wurden. Auch diese Zahl stieg gegenüber dem Vorjahr leicht an. Zudem seien rund 6.500 Fälle von Kinder- und 1.300 Fälle von Jugendpornografie polizeilich erfasst worden.  Münch forderte Verbesserungen bei der Vorratsdatenspeicherung. Vielen Hinweisen aus den USA habe die Kriminalpolizei in Deutschland nicht nachgehen können, weil etwa die IP-Adresse nicht mehr gespeichert gewesen sei. Da die meisten Taten im Umfeld der Kinder begangen würden, appellierte er dazu wachsam zu sein. "Wer wegschaut, trägt eine Mitverantwortung", so Münch.  Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte mehr Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbrauchsabbildungen im Internet. Das Risiko sei gestiegen, dass Kinder etwa beim Chatten oder bei Online-Spielen Opfer sexueller Gewalt würden, sagte Rörig. Die Bundesregierung müsse stärker dagegen vorgehen. Rörig mahnte eine bessere personelle und technische Ausstattung für Strafverfolgung und Gerichte an. Es fehlten derzeit bis zu 2.000 Richter und Staatsanwälte. Vor allem bei der Strafverfolgung von Cyberkriminalität gegen Kinder und Jugendliche müsse die Politik erheblich aufstocken. Zudem müsse die technische Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden schnellstmöglich auf den neusten Stand gebracht werden. Opfer müssten verbesserte Unterstützungsangebote erhalten. Dringend notwendig sei eine Modernisierung des Jugendmedienschutzes. Er sprach sich weiter für ein neues Schulfach zur Medienkompetenz aus. Rörig plädierte auch dafür, die Höchststrafe für den Besitz von sogenannten kinderpornografischen Abbildungen, die derzeit drei Jahre beträgt, auf fünf Jahre anzuheben. Die Bundesländer sollten bei der Fahndung nach Tätern stärker unterstützt werden. Dies könne etwa durch Schulfahndungen geschehen, bei denen Lehrern Ausschnitte der Abbildungen vorgelegt werden, bei denen der Missbrauch selbst nicht zu sehen ist, das Kind aber identifizierbar ist.  Der Mediziner Jörg M. Fegert forderte ein regelmäßiges Monitoring. Viele Fälle von Misshandlung oder Missbrauch würden nicht wahrgenommen. Auch Ärzte müssten weiter geschult werden. Zudem müsse es endlich eine geregelte Finanzierung von Beratungsstellen geben, so Fegert, der auch Leiter des Kompetenzzentrums Kinderschutz in der Medizin ist.

Vor dem Start der Rentenreformkommission am Mittwoch fordert Ex-Bundessozialminister Norbert Blüm (CDU) die Abschaffung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. "Keiner braucht den Staat als Vormund, der uns sagt, wann wir in Rente gehen sollen. Ich bin dafür, die starre Altersgrenze abzuschaffen", sagte der CDU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Mittwoch). Unterdessen sprach sich die neue Präsidentin des Sozialverbandes VdK gegen eine Regelaltersgrenze von 69 Jahren aus.  Blüm betonte, man dürfe nicht alle über einen Kamm scheren. "Es gibt 65-Jährige, die sind ausgelaugt und erschöpft. Und wir haben 70-Jährige, die topfit und voller Tatendrang sind", sagte Blüm. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer sich schrittweise zurückziehen können." Es sei jedoch notwendig, einen Punkt zu bestimmen, von dem aus Ab- und Zuschläge bei der Rente zu bestimmen wären. Arbeitgeber könnten sich allerdings nicht mehr hinter dem Gesetzgeber und der festgeschriebenen Altersgrenze verstecken. "Sie müssten mit jedem einzelnen Beschäftigten besprechen, wie sie sich den Ausstieg aus dem Erwerbsleben vorstellen", sagte Blüm. Dies bedeute, "dass auch mal ein 60-Jähriger eine Weiterbildung bekommt und an einer neuen Maschine ausgebildet wird".  Der Sozialverband VdK wandte sich gegen die Forderung der Deutschen Versicherungswirtschaft nach einer Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 69 Jahre. Bereits jetzt hielten nicht alle Vollzeitbeschäftigten bis zum regulären Renteneintrittsalter durch, erklärte deren Präsidentin Verena Bentele am Dienstag in Berlin. Vor allem Arbeitnehmer in besonders belastenden Berufen und ältere Versicherte hätten nur geringe Chancen, bis zum Alter von 67 Jahren am Arbeitsleben teilzuhaben, so Bentele. Und wer mit Ende 50 arbeitslos werde, finde nur selten einen neuen Job. Stattdessen brauche es viel mehr Anstrengungen, um alters- und altengerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen und die Beschäftigungsperspektiven Älterer zu verbessern. Die früheren Bundestagsabgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU) sind Vorsitzende der neuen Rentenkommission. Sie soll bis März 2020 Vorschläge für die Alterssicherung ab 2025 vorlegen. Die große Koalition hatte sich darauf verständigt, eine solche Rentenkommission einzuberufen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)