KOMMENTAR I Häusliche Pflege unter Druck

· Kommentare

Eine gesunde Bevölkerung ist eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand. Der demographische Wandel und eine zunehmend älter werdende Gesellschaft fordern da gleich mehrfach heraus, aber auch das Potenzial älterer Menschen ist beachtlich. Sich ins soziale, politische, kulturelle und wirtschaftliche Leben einzubringen und die Erfahrungen weiterzugeben, ist nicht nur individuell befriedigend, sondern dient dem Gemeinwesen im Gesamten.
Umgekehrt stellen Krankheit und Pflege eine hohe Belastung für Familien und die öffentlichen Haushalte dar.
Bund, Länder und Kommunen haben also ein eigener Interesse daran, die Gesundheit zu erhalten und die Pflege zu stärken. Kommunale Versorgungsstrukturen, ähnlich denen der Familienzentren und der Kinderbetreuung können hier gute Dienste leisten. Zum einen würde die Beratungslücke geschlossen und zum anderen die häusliche Pflege unterstützt. Denn von den fünf Millionen Pflegefällen werden rund drei Viertel zuhause von ihren Familien gepflegt – u.a. von ca. 2,5 Millionen Menschen, die nebenher berufstätig sind. Diese Pflege von Angehörigen stellt Familien vor große Herausforderungen, mental, zeitlich und finanziell. Diese Pflege ist nur mit einem funktionierenden Netzwerk zu stemmen, in dem alle mitanpacken und alle auf sich aufpassen. 
Dabei darf niemand allein gelassen werden. Auf Seiten der Sozialversicherungen braucht es dafür dringend neue Strukturen und Reformen. Die Gesetzesvorschläge von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zielen dennoch in erster Linie darauf ab, die Pflegeversicherung aus den roten Zahlen zu bringen. Dabei ist zu fragen, warum immer noch nicht mehr Vereinbarkeit geschaffen wurde, warum finanzielle Leistungen für Angehörige sich nicht am realen Pflegeaufwand bemessen, warum Pflegeleistungen nicht flächendeckend angeboten werden, warum Familien und auch Kommunen zu oft allein gelassen werden.
 

Ulrich Hoffmann
Präsident des Familienbundes der Katholiken